Wenn der M&A Deal platzt …

 Nicht selten kommt es zu horrenden Schadensersatzforderungen, wenn ein M&A Deal platzt.

Wenn der M&A Deal platzt …

Nicht alle Unternehmensverkäufe enden erfolgreich. Unterschiedliche Vorstellungen über Vertragsbedingungen wie Kaufpreis, Standortfrage und Personalien können zum Abbruch der Verhandlungen und damit zum Platzen des M&A Deals führen.

Regelmäßig platzt ein M&A Deal, etwa weil der verlangte Kaufpreis zu hoch ist oder keine Einigung über Garantien, Gewährleistungen oder Steuerfreistellungen erzielt werden kann. Aber auch die Eitelkeit der beiden Managements kann zum Scheitern führen: Wer bleibt und wer geht und wer bestimmt? Oder einer will ein Joint Venture, aber für den anderen kommt einzig eine Übernahme infrage. Nicht selten ist es auch schlicht die Standortfrage, die zum deal breaker wird, wenn jede Seite ihren Standort durchsetzen will und hart bleibt. Oder aber die Parteien können sich nicht einigen, welche Werke, Produkte oder technischen Plattformen behalten oder geschlossen werden. Bricht eine der Parteien die Vertragsverhandlungen ab, werden schnell Forderungen nach Schadensersatz laut.

Doch – was passiert konkret, wenn ein Deal platzt?

Vor Vertragsschluss

Brechen die Verhandlungen noch vor Vertragsschluss ab, ist bereits die Anspruchsgrundlage für einen Schadensersatzanspruch problematisch. Zwar ergibt sich aus dem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis der Parteien grundsätzlich die Möglichkeit eines Schadensersatzes. Doch gilt, dass Aufwendungen, die eine Partei im Hinblick auf einen beabsichtigten Vertragsschluss tätigt, dies auf eigenes Risiko tut. Erschwerend kommt hinzu, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) verhältnismäßig restriktiv ist. Zum einen wären Kosten auch dann entstanden, wenn der Vertrag wie vereinbart vollzogen worden wäre. Zum anderen wären diese Kosten wahrscheinlich auch bei der Veräußerung an einen anderen Käufer entstanden. Ohne Vereinbarung einer Schadensersatzpflicht vor Beginn der Verhandlungen wird es also schwer, einen Schadensersatz für den Verhandlungsabbruch zu erhalten.

Nach Vertragsschluss

Aber selbst, wenn die Tinte unter dem Vertrag bereits trocken ist, kann der Deal noch platzen. So zum Beispiel, wenn der vereinbarte Kaufpreis einfach nicht gezahlt wird. Genau das ist unlängst geschehen bei der Heidelberger Druckmaschinen AG. Hier wurde im Rahmen der Restrukturierung und Transformation der Heidelberger Druckmaschinen AG der Verkauf der Gallus-Gruppe für 120 Millionen EUR an die Benpac Holding AG vereinbart. Doch die Käuferin zahlte nicht und das Geschrei war groß. Ähnliches erlebte 2020 die Fluglinie Condor, als die Eigentümer der polnischen Airline Lot einen Rückzieher machten. Laut polnischen Medien hat Condor nun eine Klage über fast 56 Millionen EUR gegen Lot eingereicht.

Haben sich die Parteien auf den Verkauf eines Unternehmens im Ganzen oder zu Teilen geeinigt, so ist das Ausbleiben der vereinbarten Kaufpreiszahlung eine Vertragspflichtverletzung. Sie berechtigt den Verkäufer, vom Käufer eine Entschädigung für den entstandenen Schaden zu verlangen. Gleichwohl bleibt der Kaufvertrag erst einmal wirksam. Deshalb kann der Verkäufer in diesem Fall nicht ohne Weiteres eine neue Transaktion mit einem anderen Interessenten beginnen oder wieder aufnehmen. Der Verkäufer muss dem Käufer daher eine Frist zur Vertragserfüllung setzen und kann erst nach deren erfolglosem Ablauf vom Vertrag zurücktreten. Erst danach kann sich der Verkäufer anderen Interessenten zuwenden und/oder Schadensersatz fordern. Alternativ kann der Verkäufer den Käufer auf Vollzug des Kaufvertrags und damit auf Zahlung der kompletten Transaktionssumme gerichtlich in Anspruch nehmen.

In aller Regel wird es aber nicht mehr zum Vertragsvollzug kommen. Zum einen, weil der Käufer das Unternehmen nicht (mehr) will. Zum anderen, weil der Verkäufer den verkauften Betrieb bis zum Ausgang eines etwaigen Rechtsstreits weiterführen und vor allem finanzieren muss. Daher wird der Verkäufer in aller Regel den Rücktritt vom Vertrag erklären und im Weiteren Schadensersatzansprüche geltend machen. Dieser Schadensersatz kann neben den Transaktions- und M&A-Beraterkosten für die zweite M&A-Runde vor allem die Differenz zwischen dem ursprünglich vereinbarten Kaufpreis und dem Erlös aus dem Zweitverkauf umfassen.

Was auf den ersten Blick einfach klingt, ist in der Praxis oft problematisch. Zwar ist es offensichtlich, dass beim Verkäufer ein Schaden entstanden ist, wenn er das Unternehmen beim zweiten Anlauf zu schlechteren Konditionen verkauft. Das Problem dabei ist in der Praxis allerdings die Beweisführung. Nicht selten entwickelt sich nämlich das Target nach dem gescheiterten Verkauf schlechter als geplant, insbesondere weil die anschließende Integration in die neuen Unternehmensstrukturen anders erwartet wurde. In solchen Fällen ist es aufwendig zu klären, ob es sich um einen Schaden handelt, für den der Käufer aufkommen muss – oder eben nicht.

Ein weiteres Beispiel betrifft sog. earn out-Klauseln, also Teile des Kaufpreises, die von bestimmten Meilensteinen abhängig sind und erst bei deren Erreichen gezahlt werden. Gibt es solche Vertragsbestimmungen, stellt sich die Frage, ob sie bei der Berechnung des Schadens zu berücksichtigen sind.

Haben die Parteien die Möglichkeit eines Verhandlungsabbruchs oder des Platzens des Deals nicht bedacht und dafür keine Vereinbarungen getroffen, wird es schwierig, eventuelle Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Deshalb ist es unerlässlich, bereits bei der Vertragsausgestaltung für die größtmögliche Transaktionssicherheit zu sorgen. Dies erfolgt meist vorab durch die Vereinbarung sog. Break up Fees. Sie legen fest, wie hoch der Schadensersatz mindestens ausfallen soll, wenn ein Vertragspartner vom Verkauf zurücktritt. Auch Garantien sind möglich oder Eigenkapitalzusagen, die im Streitfall die Durchsetzung von Ansprüchen absichern. Schließlich hat die Corona-Pandemie den Einsatz von Vertragsklauseln in das Blickfeld gerückt, die für den Fall des Eintritts einer wesentlichen und nachteiligen Veränderung (Material Adverse Change oder kurz MAC-Klauseln) gelten. Diese berechtigen die Vertragsparteien dann zum Rücktritt, wenn bestimmte, vorab vertraglich vereinbarte Ereignisse, wie etwa eine deutliche Verschlechterung der Geschäftszahlen oder der Eintritt anderer wirtschaftlicher und sogar politischer Ereignisse, eintreten.

Unabhängig davon hat der Käufer eines Unternehmens aber auch noch nach Abschluss des Kaufvertrages das Recht, einzelne Vertragsbedingungen nachzuverhandeln. Dass sich der Vertragspartner auf ein solches Begehren einlässt, ist in der Praxis eher die Ausnahme. Aber grundsätzlich ist das nicht ausgeschlossen.

Jede M&A Transaktion ist ein Einzelfall. Weder Käufer- noch Verkäuferseite haben eine grundsätzlich stärkere Verhandlungsmacht, weshalb Pauschalisierungen und Standards vermieden werden sollten. Es ist deshalb von enormer Bedeutung, dass jede Verkaufsverhandlung und jeder Kaufvertrag maßgeschneidert ist. Die konkrete Situation muss im Vertrag abgebildet sein.