Deutsch-amerikanischer Rechtsverkehr:

 Zustellung gerichtlicher Schriftstücke und Klagen.

Deutsch-amerikanischer Rechtsverkehr, Insight von Dr. Thomas Hausbeck, Rechtsanwalt der Kanzlei Buse Heberer Fromm

Durch die weltweite Globalisierung gewinnt das internationale Prozessrecht immer mehr an Bedeutung für die deutsche Gerichtspraxis. International agierende deutsche Unternehmer stehen oftmals vor dem Problem, Partei eines staatenübergreifenden Rechtsstreits zu sein. Dabei kommt der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke und Klagen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), als einem seiner wichtigsten Handelspartner, eine besondere Bedeutung zu.

Internationale Zustellungsvorschriften nach dem Haager Übereinkommen (1965)

Im internationalen Zivilprozess ist das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (Haager Übereinkommen) von 1965 von zentraler Bedeutung. Das Übereinkommen regelt die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland. Da sowohl die Bundesrepublik als auch die USA das Haager Übereinkommen ratifiziert haben, erfolgen Zustellungen von Klagen im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr nach dem Haager Übereinkommen. Dabei geht das Haager Übereinkommen den nationalen Zustellungsregelungen in den USA vor.

Die Artikel 2 – 6 des Haager Übereinkommens beinhalten die allgemeinen Regeln für die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke im Ausland. Im Geltungsbereich des Haager Übereinkommens verpflichtet sich jeder Staat, eine zentrale nationale Behörde mit der Zustellung von Schriftstücken zu beauftragen. Diese nationalen Zustellungsbehörden im Bestimmungsland müssen die ausländischen Zustellungsanträge annehmen und die gerichtlichen Schriftstücke an die inländischen Empfänger zustellen.

Zustellung von US-amerikanischen Schriftstücken in Deutschland

Damit gilt der Grundsatz, dass immer dann, wenn eine gerichtliche Vorladung mit einer Klageschrift oder ein Antrag zwischen den USA und Deutschland BRD zugestellt werden soll, die zentrale Behörde eingeschaltet werden muss. Sie ist damit beauftragt, die betreffenden gerichtlichen Schriftstücke zuzustellen. Auf Bundesebene haben die USA das Office of International Judicial Assitance, Civil Division, Departments of Justice, als zentrale Behörde eingerichtet.

Soll eine amerikanische Klageschrift in Deutschland zugestellt werden, muss der ausländische Kläger in den USA das sogenannte Formular USM-94 verwenden. Es ist in den Büros aller US-Marshals erhältlich. Zusammen mit den Schriftstücken, die zugestellt werden sollen, als auch deren deutsche Übersetzung, ist das ausgefüllte Formular direkt an die zentrale Stelle in Deutschland zu senden.

Die Zustellung der amerikanischen Schriftstücke erfolgt anschließend im Wege der sogenannten förmlichen Zustellung durch die Einschaltung der zentralen Behörde in Deutschland. Anders als in den USA existiert in Deutschland jedoch keine zentrale Bundesbehörde. Die Bundesländer haben jeweils ihre eigenen zentralen Behörden eingerichtet. In Bayern ist dies beispielsweise der Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) München.

Nach Eingang des Formulars prüft die zentrale Behörde des ersuchten Staates (zum Beispiel Deutschland), ob der von US-amerikanischer Seite gestellte Zustellungsantrag formell korrekt erfolgt ist. Danach veranlasst sie die inländische Zustellung an den Empfänger per Einschreiben. Die Dauer der Zustellung beträgt in der Praxis zwischen drei Wochen und drei Monaten.

Der US-Rechtsanwalt als zentrale Behörde

Anders als der deutsche Rechtsanwalt hat der amerikanische Attorney at Law die Möglichkeit, selbst als zentrale Behörde den Zustellungsantrag an die jeweilige zentrale Landesbehörde zu richten. Denn das U.S.-Justizministerium zählt unter die englischen Begriffe für „zentrale Behörde“ („authority“ und „judicial officer“) im Haager Übereinkommen auch Anwälte.

Neben Anwälten können in den USA auch Privatpersonen und Organisationen von amerikanischen Gerichten zur internationalen Zustellung ermächtigt werden. Hierzu ist ein gerichtlicher Beschluss erforderlich, welcher der konkreten Person beziehungsweise Organisation die Zustellung für einen konkreten Einzelfall an eine konkret benannte ausländische Person erlaubt. In Folge dessen haben sich zwischenzeitliche etliche US-amerikanische Unternehmen auf die internationalen Zustellungen gerichtlicher Schriftstücke spezialisiert. Diese Firmen führen einerseits die Zustellung an die zuständigen Behörden in Deutschland aus, was zwischen 300,00 USD bis 650,00 USD kosten kann. Andererseits bieten sie auch die Übersetzung der betreffenden Schriftstücke ins Deutsche an, wobei sie aktuell ungefähr 0,38 USD pro Wort für die Übersetzung berechnen.

Zustellung von Deutschland in die USA

Im Vergleich zur Zustellung US-amerikanischer Schriftstücke in Deutschland ist die Zustellung einer deutschen Klage in den USA für den inländischen Veranlasser relativ einfach. Denn bei einer in Deutschland eingereichten Klage liegt es in der Verantwortung des angerufenen deutschen Gerichts, selbst für die ordnungsgemäße Zustellung der Klage im Ausland zu sorgen. Allerdings verlangen auch die deutschen Gerichte, dass der Klageschrift bereits eine vom Kläger veranlasste öffentlich beglaubigte Übersetzung in englischer Sprache beigefügt ist. Gesonderte Kosten werden von deutscher Seite für die Klagezustellung im Ausland in aller Regel zunächst nicht erhoben.