Sozialplanabfindung.

 Wie die Faktoren Alter und Arbeitsmarkt sich auf Abfindungen auswirken.

Sozialplanabfindung: Wie die Faktoren Alter und Arbeitsmarkt sich auf Abfindungen auswirken.

In seinem Urteil vom 7. Mai 2019 setzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) neue Maßstäbe für Sozialplanabfindungen. Besonders die Faktoren Alter und Arbeitsmarkt wirken sich auf die Festsetzung von Abfindungsbeträgen aus.

Der Fall

Dem Fall lag die Auflösung eines Betriebes zugrunde. Es ging um die Kündigung und Abfindung aller im Betrieb beschäftigten Mitarbeiter. Die Abfindungen sollten sich nach einer Standardformel berechnen: Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsgehalt x „Faktor“. Entscheidend war der benannte „Faktor“, der nach Alter gestaffelt zugeteilt wurde und zwischen den Werten 0,15 und 0,32 lag. Der klagende Betriebsrat empfand diesen Faktor als zu gering angesetzt.

Weiterer Grund für die Klage: Mitarbeiter ab einem gewissen Alter wurden von der Abfindung gänzlich ausgeschlossen. Darin sah der Betriebsrat eine Altersdiskriminierung.

Das Urteil

Das BAG befand die Abfindung in seinem Urteil vom 7. Mai 2019 (1 ABR 54/17) für ausreichend. Die Sozialplanabfindung habe lediglich einen Überbrückungscharakter, begründete das BAG. Die Untergrenze für den in der Formel zur Abfindungsberechnung angewendeten Faktor liege da, wo „eine spürbare Milderung“ der wirtschaftlichen Nachteile erreicht werde.

Auch eine Altersdiskriminierung liegt laut BAG nicht vor. Die Sozialplanabfindung soll den arbeitslos gewordenen Mitarbeiter bis zum Antritt der nächsten Arbeitsstelle über Wasser halten. Bei Mitarbeitern, die vor dem Renteneintritt stehen, löst nicht der nächste Arbeitgeber, sondern die Rentenbezüge das finanzielle Problem. Wer nach Bezug von Arbeitslosengeld I in die Altersrente wechseln kann, egal ob regulär, vorgezogen, gekürzt oder ungekürzt, kann laut BAG von der Sozialplanabfindung ausgeschlossen werden.

Was aus dem Urteil ebenfalls deutlich wird, ist die Bedeutung der Einigungsstelle: Bei der Festsetzung des viel diskutierten Faktors wird ihr ein gewisser Spielraum eingeräumt. Umstände wie der lokale Arbeitsmarkt können dabei eine Rolle spielen.

Was bedeutet das für Arbeitgeber?

Das Urteil des BAG stärkt Arbeitgeber. Es hat die zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten geschärft. Durch die so geschaffenen Höchstgrenzen werden Arbeitgeber im Ernstfall entlastet. Es lohnt sich immer, gut vorbereitet in Sozialplanverhandlungen zu starten – nach diesem Urteil mehr denn je. Konkrete Arbeitsmarktdaten können für Rückenwind sorgen, wenn sie gut sind. Ist die lokale Arbeitslosigkeit gering, finden entlassene Mitarbeiter statistisch gesehen schnell wieder Arbeit. Dann fällt der Faktor, mit dem in der Abfindungsformel errechnet wird, gering aus. Nach oben ist die Grenze jedoch der volle Ausgleich aller wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer.

Jan Tibor Lelley ist unser Ansprechpartner zum Thema Arbeitsrecht, Sozialplanverhandlungen und Betriebsräte. Seit über 20 Jahren berät er Unternehmen in arbeitsrechtlichen Fragen und zu Massenkündigungsverfahren