EU-Strategie für Arbeitsschutz: Risiken durch digitalen und ökologischen Wandel vom Radar erfasst.

 Sozialpartner sollen an Lösungen mitwirken - Kommission zieht Lehren aus der Pandemie.

EU-Strategie für Arbeitsschutz: Risiken durch digitalen und ökologischen Wandel vom Radar erfasst.

Die EU-Kommission will die Arbeitsschutzvorschriften überarbeiten und dabei die neuen Risiken einbeziehen, die der digitale, ökologische und demografische Wandel mit sich bringt. Die Investitionen rechnen sich für die Menschen, die Gesellschaft, aber auch die Arbeitgeber – sofern keine neuen Bürokratiemonster entstehen.

Es bleibt viel zu tun, auch wenn in den letzten Jahrzehnten deutliche Fortschritte zu verzeichnen waren: Die Anzahl tödlicher Arbeitsunfälle war im Jahr 2018 gegenüber 1994 um 70 Prozent gesunken. Dennoch passierten 3.300 Unfälle mit Todesfolge. Und mehr als 200.000 Arbeitnehmer*innen sterben jährlich an arbeitsbedingten Krankheiten. Die EU-Kommission hat deshalb am 28.06.2021 den neuen „Strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2021-2027“ veröffentlicht. Damit markiert sie Leitlinien, um Arbeitsschutzvorschriften für die rund 170 Millionen Arbeitnehmer*innen in der EU und den Mitgliedsstaaten zu entwickeln. Als wesentliche Ziele nennt die Kommission:

  1. Digitalen, ökologischen und demografischen Wandel vorbereiten und gestalten
    Die Richtlinie über Arbeitsstätten und die Richtlinie über Bildschirmgeräte wird die Kommission überarbeiten und die Grenzwerte für Asbest, Blei und Kobalt aktualisieren. In Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten und Sozialpartnern ist eine Initiative auf EU-Ebene zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz geplant. Die Sozialpartner werden ermutigt, Lösungen für die Herausforderungen der neuen Arbeitswelt zu finden. Dazu zählen Fragen, die durch die Digitalisierung und neue Technologien entstehen, etwa im Hinblick auf ständige Erreichbarkeit, mobiles Arbeiten oder neue Mensch-Maschine-Schnittstellen.
  2. Vision Zero: Bessere Prävention von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten
    Die Zahl der arbeitsbedingten Todesfälle soll auf null sinken, unter anderem durch die Analyse der Gründe und die Etablierung einer Präventionskultur in den Unternehmen und innerhalb der Arbeitnehmer*innen. Die EU-Vorschriften über gefährliche Chemikalien, will die Kommission nach Konsultation der Sozialpartner aktualisieren, um Krebs und Atemwegserkrankungen zu bekämpfen.
  3. Lehren aus der Pandemie: Bessere Vorsorge für künftige Gesundheitsrisiken
    Für eine Pandemie will die EU künftig besser gewappnet sein. Deshalb sollen Notfallverfahren und Leitlinien entwickelt werden, um einschlägige Maßnahmen schnell einzuführen, durchzuführen und zu überwachen. Die Mitgliedsstaaten sind aufgefordert, ihre nationalen Arbeitsschutzstrategien anhand der Corona-Erfahrungen zu aktualisieren.

Jeder investierte Euro zahlt sich doppelt aus

Von Verbesserungen beim Arbeitsschutz profitieren laut Exekutiv-Vizepräsident Valdis Dombrovskis nicht nur die Arbeitnehmer*innen, sondern die Gesellschaft insgesamt und auch die Unternehmen infolge geringerer Folgekosten: Die EU-Kommission weist in ihrem Strategiepapier auf Seite 2 darauf hin, dass jeder für mehr Arbeitsschutz investierte Euro sich für Arbeitgeber mindestens doppelt rechnet.

Die Corona-Pandemie hat vor Augen geführt, welch große Bedeutung die Vorsorge vor künftigen Gesundheitsrisiken für Wirtschaft und Gesellschaft hat. Insofern ist es gut, diese Erfahrungen kurzfristig zu nutzen, um Notfallpläne und Leitlinien für schnelle Gegenmaßnahmen zu erstellen. Eine bessere Prävention ist genauso wünschenswert wie die Analyse des digitalen, demografischen und ökologischen Wandels unter Gesichtspunkten des Arbeitsschutzes. Damit praxistaugliche Lösungen statt neuer Bürokratiemonster entstehen, kann es durchaus sinnvoll sein, dass Sozialpartner und Verbände sich frühzeitig engagieren und Vorschläge erarbeiten. Dazu ermuntert die Kommission ausdrücklich.